Donnerstag, 16. Februar 2012

Die Geschichte einer Familie


Wenn Vergangenheit Geschichte ist - Eine Familiengeschichte, eingebettet in die Geschehnisse des 20. Jahrhunderts

Die überarbeitete Fassung als e-book im neuen Gewand




Der Klappentext


Hanna Elisa fliegt gemeinsam mit ihrem Mann in den Mittleren Osten, um ihre Tochter und das neugeborene Enkelkind zu besuchen. Auf dem langen Flug führen die Gedanken sie in eine Zeit, die sie nur aus Erzählungen ihres Vaters und ihres Großvaters kennt, verfangen sich in den unruhigen Zeiten ihres eigenen Beginns.
Es begann alles auf einer Hochzeit, als die fröhliche Lilli dem Marinesoldaten Hardy begegnete, der einst ausgesandt wurde die Welt zu erobern. Der ehemalige U-Boot Funker Hardy, Sohn eines Bergarbeiters oft nur knapp dem Tod auf den Weltmeeren entronnen und Lilli, ein unbekümmertes rheinisches Mädchen, planten voller Zuversicht ihre gemeinsame Zukunft. Tatkraft und Ideenreichtum, Optimismus und Humor prägten ihre Taten, die sie auch die schwierigsten Zeiten überstehen lässt. Hanna Elisa erlebte zwei Welten. Da war Lillis Familie, angeführt von Jakob, dessen hohes Ansehen im Dorf ihn zum Berater der Unsicheren machte. Von ihm lernte Hanna Elisa schon früh, sich einzumischen und die streng katholische Großmutter, die dem Kind nicht erlaubte am Morgen vor dem Beten zu singen. Im Ruhrgebiet lebten Hardys Eltern, unpolitisch und nicht nur zu Jakobs Entsetzen waren sie einst Befürworter Hitlers Politik. Erst als die Auswirkung des Krieges auch ihre Familie erreichte entstanden Zweifel.  Hier erlebte Hanna Elisa Urlaubstage ohne Fesseln, Zusammentreffen der Nachbarschaft auf der Bank unter dem Fliederbaum, gemeinsames Musizieren, Toleranz  -  aber auch das Auseinandergehen der langjährigen Gemeinschaften, als der Fernseher seinen Siegeszug antrat.




Leseprobe

Frühling 1997

An manchen Tagen zweifelt Hanna Elisa, ob es ratsam ist in den alten Fotos zu kramen. Oft schmerzte es, die so weit von ihr entfernt lebenden, so nah zu sehen. Das aufgeschlagene Fotoalbum liegt vor ihr auf der Erde und versonnen betrachtet sie die Bilder des Sommers vor einem Jahr und denkt daran, wie sie ihrem Enkel die Bilder der eigenen Kindheit zeigte. Verwundert hatte er sie beim Anblick der Fotos angeschaut ungläubig gefragt,
„Das kleine lockige Mädchen bist du? Nein Oma, das ist nur der Beginn einer neuen Geschichte!“
„Nein, nein, mein Schatz, das ist die Wirklichkeit. Alle Menschen kommen klein zur Welt, werden Jahr für Jahr größer bis sie erwachsen sind und sie sind so unterschiedlich wie die Steine, die wir vor wenigen Tagen zusammen am Strand sammelten. Manche werden dick und klein, andere dünn und groß,  vielleicht auch groß und dick, und denke nur an den Blumenverkäufer in Avila, dann weißt du, kleine dünne Menschen gibt es auch. Einige Menschen sind fröhlich, andere ernst. Es gibt die lieben und die bösen, denen man am besten aus dem Weg geht und die herzensguten, von deren Seite niemand weichen will, weil sich jeder in ihrer Nähe so geborgen fühlt. Da sind noch die stillen Menschen und die, die ständig reden, obwohl sie nichts zu sagen haben und die ignoranten, die tollpatschigen und die geschickten. Nur eins trifft auf jeden Menschen zu, er ist einzigartig und auch dich Noah gibt es nur einmal auf der Erde“.
  Andächtig hörte der Kleine ihr zu, in jeder Hand ein kleines Auto, mit denen er über riesige Phantasiestraßen um sie herum fuhr, immer wieder einen Blick auf ihre Fotos werfend und sie blickte abwechselnd auf das spielende Kind und auf das Foto in ihrem Album.
  Sie sah sich auf der Wiese am Hang sitzen, kleine Blumen in der Hand, fühlte sich in den längst vergessen geglaubten Frühlingstag zurück versetzt. Fragte sich, was davon bin noch ich, -  beeinflussen Erinnerungen und Erfahrungen aus dieser Zeit, in der mir nur Liebe und Zuverlässigkeit begegnete, noch meine heutigen Handlungen?
Zur Zeit der Baumblüte, von der das Foto erzählte, war sie achtzehn Monate alt, einer rundlichen pausbäckigen Puppe ähnlich.  Wie anders sahen die Erwachsenen aus, eingefallene Wangen, schlotternde Anzüge und zu weite Kleider an ausgemergelten Körpern und selbst das glückliche Lachen über die wieder erlangte Freiheit, das Zusammentreffen der Familie an einem herrlichen Frühlingstag, verdrängte die Panik und die Angst über das in der Vergangenheit erlebte nicht aus ihren Augen. 
Der Zeit entsprechend war das Bild schwarzweiß. Verblüfft sah Noah sie an,
„Oma wo hast du die Farben verloren?“
„Nein mein Kind, ich habe sie nicht verloren, sie sind alle noch in meinem Kopf“.
  Unzählige Male besuchte sie bis in die ersten Jahre ihrer Ehe diese Wiese zur Zeit der Obstblüte und sie schilderte dem blonden Jungen an ihrer Seite die Farbenvielfalt, die das kleine Mädchen Jahr für Jahr verzauberte.  Die von ihrer Mutter bereits vor ihrer Geburt gestrickten, mit kleinen bunten Blumen bestickten weißen Wolljacke, den blauen weiten Rock, aus einer alten Marineuniform ihres Vaters genäht, Vorkriegsware, konnte sie sich mit den Geschichten ihrer Entstehung gut ins Gedächtnis rufen. Nachdem sie aus diesen Sachen heraus gewachsen war, wurden sie noch Jahre später von ihren Cousinen getragen. Sie liebte diese Wiese, und beim Blättern in den Fotos schien es ihr, der Duft der Frühlingstage hüllte sie immer noch ein, begleitete sie bis in die Gegenwart, um sie vor den unechten synthetischen Gerüchen einer egoistischen, verlogenen, doppelzüngigen, nur den lauten Äußerlichkeiten, Effekten und Schlagzeilen hinterher jagenden Meute zu schützen, und für einen kostbaren Augenblick verdrängte der zarte Frühlingsduft aus glücklichen Kindertagen die kalte übel riechende Aura der Menschen aus ihrer Nähe, die ohne Rücksicht auf das Erhaltenswerte nur an ihrem Profit interessiert waren, die Stunde für Stunde mehr Raum in der Gesellschaft einnahmen, das Tagesgeschäft bestimmten.
Sie liebte die Frühlingsblumen, die Kirschbäume, den kleinen Bach und das Gefühl der Freiheit, dass sie auch später bei der Erinnerung an diese Ausflüge stets empfand. Das Versprechen wieder kommen zu dürfen, wenn das erste Obst reif war, schenkte ihr Sicherheit und sie sah sich hinter den Erwachsenen den Berg hinauf hüpfen, die mit Leitern und Körben beladen auf dem schmalen steilen Patt liefen, erinnerte sich, wie sie sich wieder und wieder umschaute, ihren Großvater Jakob nachahmend, der oft stehen blieb, um zu verschnaufen und unentwegt feststellte, es gäbe keine schönere Aussicht auf der Welt, als von hier auf den Rhein zu schauen, auf das Siebengebirge mit dem Drachenfels.
„Nirgendwo auf der Welt ist die Landschaft so großartig, nirgendwo ist das Obst so saftig und süß, der Kohl so dick und fest, der Spargel so zart. Ein Segen ist es, dass wir all diese Köstlichkeiten ernten können“. Hanna Elisa glaubte ihm. Denn Jakob  gehörte zu den Erwachsenen, zu denen man als Kind absolutes Vertrauen haben konnte, der alle ihre Fragen beantwortete und der sie mit seinem Tod zum ersten Mal enttäuschte. Als Jakob starb, war Hanna Elisa vierzehn Jahre alt und bereits im Augenblick seines Todes spürte sie, dass er ihr fehlen würde, sein Verständnis, seine Geschichten und sein Weitblick, über den sie sich im nach hinein wunderte. Schließlich war er kaum aus seinem rheinischen Dorf heraus gekommen. Allerdings hatte er seit seinem vierzehnten Lebensjahr für die Reichsbahn, später Bundesbahn, gearbeitet, hatte in der Rotte angefangen und sich zum Stellwerksleiter hochgearbeitet, und wenn sie heute darüber nachdachte, über all die  Züge, denen er hinterher sehen durfte, mit ihnen seinen Gedanken freien Lauf lassen konnte, war sie  überzeugt, dass ihm diese Arbeit half über den dörflichen Rahmen, in dem er lebte und sich verwurzelt fühlte, hinaus zu denken.
Entschlossen schlug Hanna Elisa das Fotoalbum zu. Aber es gelang ihr nicht in die Gegenwart zurückzukehren. Versonnen blieb sie auf dem Teppich sitzen. Fünf Jahre war es her, dass ihre Tochter Laura das Elternhaus verlassen hatte, um ihren Lebensmittelpunkt in den Mittleren Osten zu verlegen und sieben Monate waren bereits vergangen, dass sie mit Simon und den Kindern durch Felder und Wiesen streiften und während sie auf ihren täglichen Spaziergängen Laura und dem Kind aus den längst vergangenen Tagen erzählte, die sie auch nur durch die unerschöpflichen Geschichten ihres Großvaters kennen gelernt hatte, glaubte sie Jakobs Nähe und seine beschützende Aura zu spüren. Ihr  Herz schlug höher, wenn sie daran dachte, dass Laura den alten Brauch  des Geschichtenerzählens in der Familie weiterführte. Als sie Sven nach Bahrain folgte, Verantwortung für Kinder, Haus und Garten übernahm und in der traditionellen Rolle der Frau lebte, erkannte sie, egal in welches Land der Erde, in welche Kultur, sie durch Svens Beruf noch verschlagen würde, nichts war wichtiger, als den Kindern ein zuverlässiger Ruhepunkt in einem unruhigen Leben zu sein. Diese Einstellung gab ihr die Geduld auf den Zeitpunkt zu warten, an dem die Kinder beginnen würden eigene Wege zu gehen und sie nutzte ihre Kreativität und ihre Talente im häuslichen Bereich, erfand nicht nur zu Noahs Vergnügen phantasievolle Geschichten und originelle Spiele. Nie gingen ihr die Einfälle aus, die alle zum Lachen brachten und vergessen ließen, das man den Pool, den Spielplatz und das Meer, die vor der Haustür lagen, an den unerträglichen Tagen der heißen trockenen Wüstenwinde, die aus Saudi Arabien kamen, nur vom Fenster aus betrachten konnte. In Lauras Obhut verwandelte sich der Tag in einen Traum für Zaubergestalten und alle die ihr zuhörten vergaßen mit Hilfe ihrer Worte Raum und Wirklichkeit und die gut funktionierende Klimaanlage ließ die Besucher die barbarische Hitze, die auch nachts nicht von der Insel wich, unwirklich erscheinen. Es war ihnen bereits entfallen, dass sie erst vor wenigen Stunden bei ihrer Ankunft darüber klagten, das die Hitze und die Luftfeuchtigkeit ihnen fast den Atem nahm. Und während sie am Fenster standen, über das Meer blickten und Lauras Geschichten lauschten, glaubten sie dem unermüdlichen Wind, der verführerisch mit leichtem Säuseln durch die mächtigen Kronen der Palmen wehte, dass er die ersehnte Abkühlung bringen würde. Wenn ein Besucher die Terrassentür öffnete, einen Schritt auf den Rasen trat, um die kühle frische Luft zu spüren, die er durch das Fenster wahrgenommen hatte und statt einmal tief durchzuatmen, erschrocken ins Haus zurück eilte, lachte Laura und während der Besucher seine Arme in dem Glauben betrachtete, entstellende Verbrennungen zu sehen, erzählte sie, dass sie im ersten Jahr ihres Hier seins  zu oft auf die Verführungskünste des Windes hereingefallen sei. Sie verschwieg, dass sie an manchen Tagen Tränen überströmt wieder ins Haus gerannt war, von Sehnsucht nach einem kühlen deutschen Sommer erfüllt. Und der Wind zog ohne Erbarmen weiter über die märchenhafte Insel. Statt Kühle zu bringen, trocknete er in kurzer Zeit die zarten Blüten der Bäume und Sträucher aus, raubte das letzte Tröpfchen Wasser, das sich in einer Baumrinde verborgen hielt und versteckte die Farben der Insel unter einem Schleier aus heißem Sand.








In den Trümmern von Remagen aufgewachsen habe ich mir seit  frühester Kindheit Gedanken zum Krieg gemacht, ob von Staatshäuptern oder Industriellen ausgehend, ob der Krieg sich gegen den Menschen richtet oder gegen die Natur. (die letztendlich immer beide betroffen sind) Die Entwicklung der Waffen spricht nicht von Intelligenz sondern von Verblendung und Selbstverliebtheit. 

Mein Fazit, kein Krieg ohne Religion, Gier, Dummheit, Kurzsichtigkeit, Überheblichkeit. Kein Krieg ohne die Denkweise der Krupps, Thyssen und Quandts.... Auf allen Kontinenten unserer Erde fehlt Geld für Bildung und Nahrung, aber nirgendwo für Waffen. Still und leise wurde während der letzten Fußballweltmeisterschaft die Luftwaffe der Bundeswehr für Milliarden aufgerüstet, vor wenigen Wochen wurden wieder Milliardenbeträge bewilligt. Sind wir bereit wieder zu töten? 
Leid über die Menschheit zu bringen?

Wo bleibt der Aufschrei des Volkes??

Und gleichzeitig wachsen in unserem reichen Land Kinder in Armut auf, hungern, Bildung bleibt ihnen versagt, kein Geld für Kita und Ganztagsschulen. (Ein gebildetes Volk ist nicht manipulierbar) Die unteren Einkommengruppen werden von unseren Machthabern immer höher belastet, läßt die Reichen noch reicher werden. 

Es ist Zeit aufzustehen, aber wer beginnt?




Freitag, 21. Oktober 2011

http://www.renate-conrad.de/



foto by jan conrad






Dienstag, 19. Oktober 2010

Montag, 18. Oktober 2010

Kater Lenin bewacht die Kiwi vor dem Frost

 Vor 15 Jahren, als die Kiwi gerade aus dem Winterschlaf erwachte und die Blätter noch Knospen waren, überraschte uns ein verspäteter Frost und ihr Stamm brach auf. In Strömen lief der Saft, der doch helfen sollte, viele Blätter und Blüten für einen zauberhaften Frühlung, viel Nektar für Hummeln und Bienen hervorzubringen. Nachdem die ganze Familie die Wunde betrachtet hatte, die Nachbarschaft zu Rate gezogen war, viele Telefongespräche geführt waren, kam man einstimmig zu dem Beschluss, hier muss etwas getan werden. Nur Reden beseitigt den Schaden nicht und wir gingen ans Werk: Die Wunde wurde mit Grill-Kohlenstaub verschlossen, mit Baumwachs zugeschmiert und einem einen Meter hohen Lehm-Stroh-Gemisch verpackt.Und gespannt warteten alle ab, was nun geschehen würde. Es wurde wieder wärmer und jeden Tag bekam die Kiwi Besuch und über das Fortschreiten ihrer Genesung wurde spekuliert, denn der Lehmverband verhinderte die Sicht auf die aufgeplatzte Stelle. Die Kiwi enttäuschte uns nicht,  es dauerte nicht lange, da zeigten sich die ersten grünen Blättchen und ihnen folgten weitere und am Ende des Sommers erstrahlte sie schöner denn je. Und jedes Jahr erfreut sie uns mit ihren wunderschönen Blüten, trägt reichlich Früchte, bietet den Katzen Spiel- und Klettermöglichkeiten und vielen Insekten Nahrung.





Montag, 21. Dezember 2009

Querbeet

foto by jan conrad








Mittwoch, 9. Dezember 2009

Bevor der Film beginnt bitten die Katzen um Ihre Aufmerksamkeit



Katerchen Dimitri übt für den Ernst des Lebens



Der Kampf um die Kette




Enzo und Minou sind erst wenige Tage bei Renate und ihrer Familie und fühlen sich schon rundherum wohl und auch die Musik von DDCF gefällt ihnen




Renates Heimkino präsentiert: Einen Hubschrauber, fünf Katzen, einen Garten zur Musik von DDCF


Ein Video von Renate mit Musik von DDCF aus der Zeit als unsere kleine Minou noch bei uns war.

Sie versucht die Siebenschläfer in ihrer Baumhöhle aufzustöbern, während ihr Bruder verträumt der Taube hinterhersieht



Jetzt hoffen wir auf den kommenden Winter, wünschen uns viel Eis und Schnee damit Renate wieder ein Video von uns drehen kann und DDCF



Arischa wehrt sich auf ihre Art





Dienstag, 11. August 2009

Schnell war die aufregende Zeit vergessen und die Fische schwammen wieder alle miteinander in dem neu gestalteten Teich

Zu Beginn schwammen wir noch im Trüben, was ja uns Fische nicht, sondern nur das Menschenauge stört, aber schon bald war das Wasser glasklar, was der Mensch als perfekt empfindet, wir Fische aber nur dann gut heißen können, wenn auch genug Verstecke für uns vorhanden sind. Schließlich wollen wir uns auch einmal zurückziehen können.














Vom Geschichtenerzähler Enzo und einem sonnigen September



Es ist Nacht, der Katzen schönste Zeit. An ganz normalen Tagen bin ich mit der Katzenbande zu dieser Stunde schon im Dunkel verschwunden. Die Dächer der umliegenden Häuser, Büsche, Bäume, Gartenhäuser, Keller und ein alter Hühnerstall laden ein zu tausendundeinem Abenteuer. Irgendwann aber haben wir genug Mäuse gefangen, Nachtfalter gejagt und den Kröten hinter her gesehen, die Alten eher, die Kleinen etwas später. Schließlich besitzen sie noch die Ausdauer der Jugend. Und dann wird es auch schon Zeit für den nächtlichen Diskussionskreis. Hintereinander huschen alle Katzen des weiteren Umfeldes in Renates zum Geräteschuppen umgestalteten Hühnerstall, setzten sich auf Abstand bedacht in einem so großen Rund zusammen wie es die Wände des Stalls erlauben und der Austausch der Tagesereignisse beginnt. Die Alten, der vielen Reden müde, setzten sich in majestätischer Haltung auf die Reste der etwas abseits liegenden Strohballen. Sie genießen das Zusammensein wortlos,erinnern sich an vollbrachte Heldentaten und viele Streiche, die die Jungen ihnen niemals zugetraut hätten. Aber sie schweigen, wissen sie doch das Taten aus vergangener Zeit die Jugend wenig interessiert. Ihr Leben steht jetzt im Mittelpunkt. Lenin, seit Minous Verschwinden mein allerbester Kumpel, gesellt sich zu mir. Es gibt Tage, da kann ich seine Anwesenheit nur schwer ertragen, obwohl ich ihn gern habe und seine Art sehr schätze. Aber er kam ins Haus, weil Minou verloren ging...
Natürlich versuche ich die negativen Gefühle zu verbergen, aber Lenin ist sehr feinfühlig und erkennt meine Stimmung sofort und dann zieht er sich traurig in sich selbst zurück. Heute geht es mir gut und Lenin ist entspannt und glücklich. In seinem ersten Lebensjahr lebte er mit neun anderen Katzen bei einer uralten Dame. Sie wurde krank und es blieb keine Hoffnung auf Genesung und ihre Kinder kamen aus der Ferne und brachten Lenin und seine Familie in das seit einiger Zeit ständig überfüllte Tierheim. Sie wurden gut versorgt und fügten sich geduldig in ihr Schicksal. Als Renate meine Trauer über den Verlust meiner kleinen Schwester nicht mehr mit ansehen konnte, sie selber bei meinem Anblick auch immer trauriger wurde und die alten, ach was sage ich, die uralten Katzen Luigi, Kitty und Carlito auch nur weise Sprüche von sich gaben, sagte sie, jetzt ist Schluss mit der Trauer, jetzt fahre ich ins Tierheim, und sie sah Lenin in die Augen und spürte, das ist der richtige Kumpel für Enzo. So war es auch und er ist es immer noch. Die kleine alte Kitty ist gestorben, aber das ist eine andere Geschichte und es kamen die wunderschöne Arischa und ihr Halbbruder Dimitri ins Haus. Heute durften die beiden das erste Mal mit uns in die Dunkelheit hinaus. Mit großen staunenden Augen liefen sie an unserer Seite, tobten, haschten nach Unbekanntem, wollten gar nicht mehr von dem mit Efeu bewachsenen Dach herunter kommen, fielen fast in den Teich. Aber Lenin und ich sind gute Pflegeväter, keinen Augenblick lassen wir sie aus den Augen.Jetzt sind wir vollzählig versammelt, fast vollzählig muss ich bemerken. Der dicke Bilbo trudelt immer etwas später ein. Er kontrolliert noch diverse Futternäpfe, die die Menschen für die Igel gefüllt haben. Nicht das jetzt jemand etwas Falsches denkt, er kontrolliert sie nur, sein Körperumfang spricht für sich, er hat das nicht nötig, er wird bestens versorgt.
Alle Augen sind auf mich gerichtet, wollte ich doch vom wunderschönen Herbst mit Minou erzählen. Lenin und die Kleinen kennen die Geschichte auch noch nicht und ich überlege, wie ich beginne. Es war September, wunderschönes Wetter und Renates Mann packte das Auto, schleppte Koffer, Katzenkörbe, Spielzeug, Blumenstauden, Bambus, und Büsche, alles Ableger aus unserem Garten, ins Auto. Minou und mich verfrachtete er im Reisekorb, und alles wurde im Auto verstaut. Die Alten wollten zu Hause bleiben, Reisen lehnten sie ab. Für Betreuung, Fressen und Streicheleinheiten war gesorgt. Unser Ziel war der Garten, indem One und Two in jeder freien Minute Fußball spielen. Hier begann unsere Freundschaft. Gemeinsam wurde gebuddelt, gegossen, Ball gespielt und traurig kletterten wir nach einer Woche wieder ins Auto, als es nach getaner Arbeit, viel Geschnatter und Gelächter, Sekt trinken, Kuchen essen und Sahne schlecken, Herzen und Küssen hieß, Abschied zu nehmen, ab nach Hause. Kommen wir von einer längeren Fahrt zurück führt Renates Schritt sie zuerst in den Garten. So auch diesmal. Unseren Reisekorb noch in der Hand, sich hinunter beugend um ihn abzustellen, fällt ihr Blick auf die Wiese unter den Walnussbaum. Oh Schreck, Minou und ich springen aus dem Korb, den Renate
unsanft, aber bereits geöffnet, auf die Erde fallen lässt. Was ist passiert? Die gesamte Nachbarschaft scheint ihre Regenfässer, Speisskübel und einen Pool auf unserer Wiese abgestellt zu haben. Schnell löst sich das Rätsel. Der Teich hat ein Loch, die Fische sind in den Pool umgezogen, die Wasserpflanzen versuchen in den zahlreichen Behältern zu überleben. Das mussten wir begutachten. Wir rannten zum Pool und vorsichtig balancierten wir auf dem dicken Luftring. So nah waren wir den Fischen noch nie. Renate hatte uns von Anfang an unmissverständlich erklärt, sie duldet nicht, wenn wir Tiere töten, ausgenommen Mäuse und Ratten. Schweren Herzens richten wir uns danach, auch wenn es an manchen Tagen sehr schwer fällt, vor allem dann, wenn wir alleine sind und unsere Taten von niemanden bemerkt werden. Renate trat an den Pool, nahm jeden von uns in eine Hand und aus war der Traum, den Fischen nahe zu sein.
In den nächsten Tagen verwandelte sich der Garten in ein wunderschönes Chaos und der Teich war nur noch ein großes Loch mit steilen Wänden. Minou und ich waren erst ein paar Monate alt und dieser Trichter riesig und auf Renates Wunsch vergrößerten ein paar nette junge Männer ihn noch und legten Terrassen an, formten und verschönerten die gesamte Ansicht, und unsere Spiellandschaft war vollkommen. Wir jagten uns kreuz und quer, hinauf und herunter und rundherum. Im Flachland geboren und aufgewachsen konnten wir uns jetzt vorstellen, wie schön es sein muss in den Bergen herumzulaufen. Alles machten wir gemeinsam. Selbst der alte Luigi gesellte sich an diesen Sonnentagen zu uns, und wenn er auch nicht mehr soviel tobte, den herunter kullernden Lehmbrocken lief er auch hinterher. Kitty lag auf ihrem Lieblingstisch und blinzelte uns wohlwollend zu. Immer wieder liefen wir zum
Pool, sahen Renates besorgten Blick. Sie fürchtete um Goldorfen, Koi und Bitterlinge. Zügig sollte die Arbeit voran schreiten, damit vor dem Winter alles schön gemütlich für die Fische wäre. Und eines Tages war es dann soweit. Wir wurden des Teiches verwiesen, freundlich aber bestimmt. In angemessener Entfernung beobachteten wir die starken Jungs, die die riesige Kautschukplane mit lautem Hauruck auslegten, sich gegenseitig auf die Schulter klopften und Renate zufrieden lachte. Regenwasser lief ein, Unterwasserpflanzen wurden eingesetzt und die Spannung stieg. Was passiert mit den Fischen. Können wir vielleicht doch einen schnappen, einen ganz kleinen? Ihr könnt es euch denken. Wie geschickt wir es auch anstellten, Renate ließ sich nicht ablenken. Minou veranstaltete die größten Faxen, stellte sich auf die Hinterbeine, imitierte ein Erdmännchen, verfolgte auf dem Rand des Pools einen Marienkäfer, zeigte kein Interesse für die Fische. Pirouetten drehend tanzten wir zu den Fässern, knabberten an Gräsern, folgten springend einem weißen Schmetterling. Renate amüsierte sich über unsere Mätzchen, durchschaute sie aber. Sorgsam nahm sie die Fische aus dem Pool, in dem nur noch wenig Wasser war und ließ uns erst aus den Augen als der letzte Fisch umgesetzt war. Erschöpft aber zufrieden nahm sie uns auf den Arm, stellte sich an den Teich und wir schauten gemeinsam den dicken Goldorfen zu, die aufgeregt ihre Bahnen zogen. Endlich wieder Platz, riefen sie. Aber das verstanden nur Minou und ich. Stolz erzählten wir allen im Garten lebenden Tieren, die Fische haben die Aktion unbeschadet überlebt. Seite an Seite saßen wir von nun an jedem Abend am Wasser, beobachteten die Fische, sahen den Wasserläufern zu, und grübelten, wie sie es schafften ohne Hilfe über das Wasser zu laufen. Wir versuchten das auch, immer wieder, wir wollten nicht glauben, dass diese kleinen Käfer etwas können, das uns nicht gelang. Aber unsere Versuche scheiterten kläglich. Immer wieder versanken wir im Wasser, schwammen jedes mal aufs Neue erschrocken ans Ufer, beobachteten weitere Stunden, ja Tage, die kleinen Tiere und ergründeten ihr Geheimnis nicht. Nachdem wir dann noch einige missglückte Laufversuche auf dem Wasser unternahmen, den im Zickzack-Kurs fliegenden Libellen hinterher sprangen und dabei auch im Wasser landeten, und zu unserer Schmach jedesmal in ein Badetuch gewickelt wurden, gaben wir auf und achteten auf einen angemessenen Abstand zu allen am und im Wasser lebenden Tieren. Nichts sollte uns mehr locken.
Wenn Minou und ich aus lauter Neugier und Übermut ins Regenfass fielen, Renate uns trocken rubbelte und tröstende Worte sprach, das konnten wir genießen. Das tat gut. Aber nach einem wohl überlegten Versuch, der dann kläglich scheiterte, lachend in ein Handtuch gewickelt zu werden, das war zu viel, das war gegen die Katzenehre. Da waren Minou und ich einer Meinung.

Unsere neuesten Fotos - wir fühlen uns rundherum wohl und Gandhi ist in unserer Mitte herzlich willkommen

Wir können uns ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Gut das er zu unserem Haus gefunden hat. Er ist immer fröhlich und seitdem die Kinder hier waren, er sich mit den Spielen und Spontanität der beiden vertraut gemacht hat, weiss er, er ist nicht nur geduldet, er gehört zu uns und wir lieben ihn alle. Es ist eine Freude zu sehen wie vergnügt er durch den Garten springt, die Treppe heraufläuft, voller Vergnügen und Lebenslust.
Jetzt sind wir müde und ruhen uns aus. Wenn Renate nachher die Wäsche aufhängt geht das Getobe weiter.